Die technischen Grundlagen der Informatik werden von Studenten vielfach als "trocken" und kompliziert empfunden. Sie gehören aber zum Pflichtprogramm im Studium, weil die Gesamt-Informatik sich als untrennbare Einheit aus technischer, angewandter, theoretischer und praktischer Informatik versteht und jedem Studenten zumindest einen Einblick in alle vier Bereiche vermitteln will. Dieser Einblick, d.h. das Wissen von den Inhalten und Grenzen der Informatik, ergibt sich auch zwingend aus ihrem Anspruch auf Wissenschaftlichkeit. Auch ein programmierender Informatiker sollte eben wissen, wie es der Maschine möglich ist, die Befehle in seinen Programmen auszuführen; bei anspruchsvolleren Projekten wird er ohne technisches Grundlagenwissen nicht bestehen können. Am Fachbereich Informatik der Universität Hamburg wird das angesprochene Wissen im Grundstudium im dreisemestrigen B-Zyklus vermittelt. Zu den Vorlesungen sind umfangreiche Skripte vorhanden, die ergänzt werden durch wöchentliche Übungsaufgaben und -gruppen. Außerdem richtet der Arbeitsbereich Technische Grundlagen der Informatik (TECH) als Träger des B-Zyklus "Praxis-Tutorien" aus, in denen am Computer digitale Schaltungen entworfen und sofort ausprobiert werden können. Wozu also benötigt man noch die hier vorliegenden "Lernmaterialien"? Aus zwei Gründen: Das Studium der technischen Informatik soll interessanter (im Idealfall sogar spannend) werden und die Inhalte leichter verständlich. Um dieses Ziel zu erreichen, hat der Autor sich der Technik der HTML-Seiten mit eingebauten Applets bedient. Applets im Sinne dieser Arbeit sind Programme, geschrieben in der rechnerunabhängigen Programmiersprache Java. Damit ergeben sich folgende Möglichkeiten:

• Diese Seiten inklusive aller Simulationen können auf jedem Rechner angesehen werden, für den ein HTML-Browser wie Netscape, HotJava oder Mosaic vorhanden ist und sollten sich dort zumindest sehr stark gleichen.
• Mit Hilfe der Hypertext-Links auf den Seiten kann schnell zwischen den Kapiteln gesprungen werden. Außerdem läßt sich zu vielen Fachbegriffen einfach eine Erläuterung abrufen.
• Wenn Ihr HTML-Browser Java unterstützt (wie z.B. Netscape und HotJava) können Sie schließlich am Bildschirm einen einfachen Rechner simulieren. Sie können ihn schrittweise beobachten oder ganze Befehle auf einmal ausführen lassen und sogar rückwärts laufen lassen.
• Zu jedem der kleinsten Arbeitsschritte wird ein spezifischer Hilfetext angezeigt.
• Sie können den Datenfluß in diesem Rechner sehen – wie die Datenquelle aktiviert wird, die Daten über einen Bus gesendet werden und die Datensenke ihren neuen Wert annimmt.
• Um die Funktionalität dieses Rechners zu begreifen, können Sie ihn dabei beobachten und steuern, wie er nach und nach immer komplexere Beispielprogramme ausführt.
• Bevor Sie aber mit dem gesamten Rechner konfrontiert werden, erläutern Ihnen die Kapitel davor die Komponenten eines Computers, wichtige Grundlagen und Verfahren. Auch die Komponenten können wie der gesamte Rechner Schritt für Schritt beobachtet werden.
• Am Ende dieser "Lernmaterialien" werden Sie dann außerdem gesehen haben, wie sich der einfache Rechner nach Hinzufügen eines schnellen Zwischenspeichers (Cache) verhält, welche Adressierungsarten ein weit verbreiteter Zentralprozessor, der MC 68000 [Motorola86], kennt und wie die Befehlsausführung durch eine sogenannte Pipeline beschleunigt werden kann.

1.1 Was man mit diesen Materialien lernen kann

Den Begriff "Technische Informatik" könnte man unvorsichtigerweise mit "Lehre von der Hardware" gleichsetzen; die vorliegenden "Lernmaterialien" sollen einen umfassenden Überblick über dieses Thema geben, sowie schwierige Einzelthemen ausführlich und im Detail erläutern. Weil die Informatik eine Wissenschaft ist, muß man dabei immer drei Fragen stellen:

• "Was?" – Einführung
  Aus welchen Teilen besteht ein Computer? Welche Konzepte zum Themenkomplex X gibt es?
• "Wie?" – Erklärung
  Wie arbeiten diese Teile zusammen? Wie funktioniert ein Speicherzugriff/ein Cache/das Pipelining etc.?
• "Warum?" – theoretischer Überbau
  Warum gibt es diese Komponenten/muß es sie geben? Warum haben sich diese Konzepte historisch so entwickelt?

1.2 An wen sich diese Materialien richten

Die "Lernmaterialien" sind für jeden gedacht, der sein Wissen über die Grundlagen der technischen Informatik um die oben genannten Punkte erweitern möchte. Wie ein Sachbuch stehen sie jedem Interessierten zum Lernen und Nachschlagen offen, wenden sich aber insbesondere an Studierende der Informatik im Grundstudium, die eine Ergänzung zu den Vorlesungsskripten und Übungen suchen. Es werden keine Grundkenntnisse vorausgesetzt, aber der Willen, sich intensiv mit einem Thema zu befassen.

Carsten Kelling 1996 (); letzte Änderung: 17. September 1997